Schmock-City

Die Abenteuer vom Marshall und dem Doc in Schmock City, die neuerdings von Chief Joseph unterstützt werden, dem alten Indianer.

Donnerstag, März 29, 2007

Mathe im Wigwam

Aufgehende Sonne stampfte mit dem Fuß so stark auf den Boden, dass es staubte: "Mathe ist doof. Das brauche ich doch später nie wieder". "Aber schau dir doch nur die vielen Rauchzeichentarife an. Einige bieten dir Tarife, bei denen du soviel Meldungen wie du willst abfackeln kannst, einige bieten dir gutes Buchenholz, das weiter sichtbar ist und andere haben wieder andere Vorteile. Um da den richtigen Tarif zu finden, muss man doch rechnen können", entgegnete ich.

Rauchzeichen sind eh veraltet. Die Bleichgesichter haben schon eine schnellere neue Technik, den Telegrafen, entgegnete meine Jüngste. "Aber auch da wird es doch so kommen mit den Tarifen", wollte ich entgegnen, als Mittagssonne in die gleiche Kerbe schlug: Ich und Sitting Duck wollen später mal Büffel züchten. Da braucht man auch kein Mathe. Außerdem hat der Marshal neulich ein Büffel-Problem durch seine Weisheit gelöst, ganz ohne Mathe: Die drei Duck-Brüder sollten nämlich ihr Büffelerbe bekommen. Der Älteste soll die Hälfte bekommen, der mittlere Sohn 1/3 und der Sitting Duck, der jüngste 1/9. Die Büffelherde zählte aber genau 17 Tiere. Da half Mathe üüüüberhaupt nicht weiter. Schließlich kam der Marshal und stellte sein Pferd dazu, so dass es 18 Tiere waren. Dann nahm der älteste Sohn die Hälfte, also 9 Tiere, der mittlere Sohn 6 Tiere (also 1/3) und Sitting Duck bekam 2 Tiere (1/9). Übrig blieb nur das Pferd vom Marshal, das er wieder mitnehmen konnte."

Untergehende Sonne stöhnte auf: Du bist so blöd, dass dich die Schweine beißen, sagte sie zu ihrer Schwester. Das hat sehr wohl was mit Mathe zu tun und der Marshal hat einen Rechenfehler gemacht. Das ist doch sonnenklar! Außerdem hat Mathe auch was mit Natur zu tun. Wenn man zum Beispiel eine Reihe erstellt, die mit 0 und1 beginnt - und dann jede weitere Zahl als Summe ihrer beiden Vorgänger berechnet, bekommt man eine Reihe heraus, die die Zahlen 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34,... enthält." "Und was ist daran natürlich?", fragte Aufgehende Sonne. "Die Tatsache, das zum Beispiel die Samenspirale der Sonneblume oder eines Tannenzapfens nach diesem System aufgebaut sind", antwortete Untergehende Sonne.

"Du hast dich doch wieder mit diesem Herrn Fibonacci getroffen", warf Rauchendes Nudelholz ein. "Na und? Er ist intelligent und man kann sich mit ihm über andere Dinge als den letzten Kampf am Clondike-River unterhalten", hielt Untergehende Sonne dagegen. Ich warf ein, dass er ist ein Bleichgesicht sei, aber das ließ sie nicht gelten. "Oh Papa, du bist so was von unmodern und hinterm Mond. Schau dir doch die Männer hier im Stamm mal an. Nichts als Feuerwasser im Kopf. Willst du etwa so einen Schwiegersohn?" Nun, ich hätte es mir vorstellen können. Dann wären die Abende in der Stadt sicher unterhaltsamer geworden als jetzt, da zu befürchten stand, dass man sich über Brüche unterhalten würde, dachte ich.

Gesagt habe ich das natürlich nicht. Und irgendwie war ich auch ein bisschen Stolz. Auch wenn solche Entwicklungen wohl dazu führen, dass sich unser Leben bald sehr verändern wird.

Labels:

Mittwoch, März 07, 2007

Wie Chief Joseph einmal Kopfschmerzen hatte

Ich hatte Kopfschmerzen. Ob es an dem Feuerwasser das ich mit dem Marshal getrunken hatte lag oder an "Rauchendes Nudelholz", meiner Squaw, die mir, als ich mich leise in das Wigwam schleichen wollte, mit selbigem einen ordentlichen Schlag verpasste, weiß ich nicht. Zu allem Unglück war auch noch Togal, unser Medizinmann, mit einer Magenverstimmung ausgefallen. Ich war nicht ganz unerfreut über diesen Umstand, da seine Therapien meist irgendetwas mit Fledermausohren und lebenden Kröten zu tun hatten. Außerdem konnte ich so mal wieder nach Schmock City.

In Schmock City gehe ich in solchen Fällen meist zum Doc, der immer eine offene Hand ein offenes Ohr für mich hat. Doch diesmal war er nicht da. Er sei zum Melken hieß es. Andere sagten, er würde jetzt irgendwas mit Kokosnüssen zu tun haben, wieder andere berichteten von einem Schwimm-Lehrgang. Als ich die Blutlache in seinem Keller durch die offene Tür sah, war ich auch über seine Abwesenheit nicht ganz so unglücklich. Aber was sollte ich nun mit meinen Kopfschmerzen machen?

Da lief mir Häuptling Nasse Wurst über den Weg. Er erzählte wieder einmal, dass die Bleichgesichter seinen Titel als Tierdoktor, den man in zivilisierten Ländern mit vet. med. abkürzte, als "wet mett" falsch übersetzt hätten. Die deutschen Immigranten hätten daraus dann "Nasse Wurst" gemacht. Er behauptete, er hätte ein Kraut, das man rauchen müsse, dann würden die Kopfschmerzen innerhalb kürzester Zeit verschwinden. Es hätte sogar angenehme Nebenwirkungen. Ich fragte lieber nicht, wie er seine Tiere dazu brachte, das Kraut zu rauchen.

Wir setzten uns also in den Saloon und schmauchten ein Pfeifchen. Und wirklich, bald waren die Kopfschmerzen verschwunden und mir wurde ganz warm. Seltsam allerdings, dass das nur den rechten Zeh, das linke Ohr sowie die Pobacken betraf. Die zahnlose Mimmy bediente uns und fragte, was wir trinken wollten, als plötzlich kleine Zwerge aus ihrem Haar auf den Tisch fielen und anfingen mich zu beschimpfen. Nasse Wurst schien sie auch zu bemerken, nur glaubte er wohl, sie kämen Mimmy aus dem Ausschnitt gekrochen. Jedenfalls starrt er die ganze Zeit darauf.

Als ich eine Zwergin, die aussah wie rauchendes Nudelholz wahrnahm, schwante mir allerdings, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Auch die Bilder in meinem Kopf, von einem Mann mit einer Mundharmonika, der ein ziemlich schauriges Lied spielte, wollten nicht verschwinden. Es war wohl besser, nach Hause zu gehen. Wie ich da hin gelange, weiß ich nicht mehr.

Heute, einen Tag später, habe ich jedenfalls wieder Kopfschmerzen und eine Beule am Kopf.

Labels:

Dienstag, März 06, 2007

Jumping Flea's STOCK

„Niemals!“ Chief Joseph schüttelte sein weises Haupt. „Die Squaw ist niemals 25, wie sie immer sagt. 30 scheint mir schon eher zu stimmen.“ Der Doc und ich nickten zustimmend. Uns war klar, dass nur ein entbehrungsreiches Leben in der Prärie seinen Blick so geschult haben konnte. Oder die Tatsache, dass er vier Frauen bei sich im Wigwam hatte.

Little Jumping Flea stampfte mit dem Fuß auf. „Soso, die Herren machen sich wohl über mich lustig“, fauchte sie. „Mal sehen, ob ihr auch noch lacht, wenn Ike dabei ist!“

Das war in der Tat eine Drohung.

Ike A. Rodenchurch, ein berüchtigter Halsabschneider, hatte schon so manche Familie ins Unglück gestürzt. Er war als fahrender Händler und Wanderprediger unterwegs. Reihenweise verfielen die Frauen seinem Charme, wenn er seine Waren aufbaute und sie mit Versprechungen von höchster Qualität und günstigsten Preisen lockte. Bei dem Versuch, die von den glücksstrahlenden Ehefrauen heimgebrachten Käufe in den eigenen vier Wänden unterzubringen, war aber schon so mancher Ehemann dem Wahnsinn verfallen.

Auch wenn wir sonst keiner Gefahr aus dem Weg gehen – verrückt sind wir nun doch nicht.

Also hob der Doc beschwichtigend die Hand und meinte: “In Ordnung, Miss. Wir wollen doch keinen Krieg heraufbeschwören. Wir sind doch alle erwachsene Menschen, ob 25 oder 30 Jahre alt, spielt doch gar keine Rolle. Lassen sie uns die Sache einfach vergessen.“

Little Jumping Flea schüttelte den Kopf. „So einfach kommt ihr mir nicht davon. Ich habe hier ein uraltes Rätsel für Euch. Könnt ihr es lösen, betrachte ich die Angelegenheit als erledigt. Versucht ihr, zu betrügen, wird mich Ike beim nächsten Mal begleiten!“

Mit diesen Worten warf sie und eine kleine beschriftete Holztafel vor die Füße und rauschte davon.

Wir drei beugten uns darüber, und versuchten, die eingeritzten Schriftzeichen zu entziffern.

„Das ist indianisch! Indianisch hab ich ge...“, rief ich aus, als mich ein strenger Blick vom Doc zum Schweigen brachte. „Überlassen wir das lieber dem Chief“, meinte er.

Chief Joseph nahm die Tafel auf, besah sie von allen Seiten und las dann vor:

1. Öffne deinen Musikplayer (iTunes, Winamp, Media Player, iPod etc.)
2. Stelle es auf Shuffle/ Random
3. Drücke „Play”
4. Schreibe für jede Antwort den Songtitel, der gerade gespielt wird, auf:
5. Drücke für jede neue Frage den „next” Button.
6. Lüge nicht und tue so als ob du cool wärst… Tipp’s einfach ein!

Eine seltsame Sprache war das. Wir schauten uns verwirrt an, bis dem Doc die Lösung einfiel.

„Ich glaube, es geht hier um Musik“, erklärte er. „Musik, deren Auswahl dem Zufall überlassen sein soll und die zur Beantwortung von Fragen herangezogen werden soll!“

„Also wie ein Orakel“, murmelte der Chief, „aber wie soll das funktionieren?“

„Ich glaube, ich habe eine Idee!“, rief ich.

Rasch ging ich in das Hinterzimmer meines Marshal-Offices und kam mit meinem alten Grammophon und einem Berg Schellackplatten zurück.

„Diese Platten legen wir auf den Boden. Dann zieht jeder mit verbundenen Augen ein Platte nach der anderen heraus. Und damit lösen wir die Aufgabe!“

Die beiden anderen schauten noch ein wenig zweifelnd und um ihnen zu zeigen, wie ich es meinte, machte ich den Anfang.

Vorspann:

Wolverton Mountain – Hank Williams Jr.

„Genau, da hat alles angefangen“, sagte ich. „Dort trafen sich meine Mom und mein Dad. Er war gerade aus Kanada über die Grenze gekommen und sie half auf einer Farm.“

„Äh, Marshal?“, unterbrach mich der Doc, “hatten sie nicht gesagt, dass sie vor kurzem erst aus Deutschland mit einem Schiff herübergekommen sind?“ Verdammt, da hatte er mich aber schön erwischt.

„Ja, sie haben ja recht Doc“, murmelte ich kleinlaut. “Aber jetzt wissen sie, wie es geht. Dann dürfen sie jetzt den nächsten Song ziehen.“

Aufwachen:

Jambalaya – Hank Williams

Oh der gute alte Hank. Diesmal senior. Keiner kann mich so aus dem Schlaf reißen wie er. Und während Rocky schon mit den Hufen erwartungsvoll scharrt, genehmige ich mir noch schnell eine Kanne Kaffe und eine Pfanne Bohnen mit Speck und danach haben die Schurken nichts mehr zu lachen!

Erster Schultag:

Can't Say Anymore - Gitty Fisher

Yeah, Ma'am. Das Gefühl beschlich mich immer, wenn meine Lehrerin, Miss Dylan, Gott hab sie selig, mir eine Frage stellte.

Geschadet hat's mir nicht, bin ich doch auch trotz schlechtem Schulabschluss ein rechter Prachtbursche geworden.

Verlieben:

Komm mach mich glücklich - Dagmar

Oh ja. Ich war 15. Sie 43. Und dazu die Frau des Pfarrers. Unsere Liebe war von Anfang an zu scheitern verurteilt. Oh, Dorothy! Ich wusste das sofort. Und hab ihr deshalb sicherheitshalber auch nie etwas davon gesagt.

Das erste Mal:

You're my man - Lynn Anderson

Hach. Ja. Genau das sagte mir Betty damals. Ich musste sie dann doch verlassen. Ein Mann muss eben manchmal tun, was ein Mann tun muss. Das versteht ihr doch, oder?

Kampflied:

Rawhide – Frankie Lane

Rocky ist gesattelt. Die Sporen sind an den Stiefeln festgemacht, der Sechsschüsser ist geladen. Der Kampf kann beginnen!

„So Häuptling, zieh Du mal!“

Chief Joseph wühlte mit zusammengekniffenen Augen im Plattenberg und begann eine nach der anderen herauszuziehen.

Schluss machen:
Der letzte Cowboy kommt aus Gütersloh - Thommie Bayer
Manche dieser Cowboys, die von der Westküste kommen, sind unerträglich. Machen sich lustig, über meine Tonfiguren und die Indianer im Allgemeinen. Aber irgendwann wird es sie nicht mehr geben, die Cowboys. Manchmal summe ich ein Liedchen, vom letzten Cowboy.

Leben:
Da sprach der alte Häuptling der Indianer - Gus Backus
Wir Indianer sprechen ja bisweilen wichtige Sätze zum Leben speziell und allgemein aus, die bestimmt irgendwann mal ganz berühmt werden. Dem weißen Mann gelingt das in seinen Lieder nicht:“ Wild ist der Westen, schwer ist der Beruf (hugh) - Böse geht er nach Haus, und er gräbt Kriegsbeil aus. - Seine Frau nimmt ihm keck, Kriegsbeil und Lasso weg“ Das hört sich doch niemand!!! an.

Nervenzusammenbruch:
No no never – Texas lightning

Gerade gestern hatte ich wieder einen Nervenzusammenbruch. Untergehende Sonne, meine älteste Tochter und schon 20 Jahre, will Schweißsocke, den netten Sohn von Looking Glass, nicht zum Mann nehmen. Er sei nicht „kalt“ genug, sagt sie.

Autofahren:
Randy Travis - Bevor you kill us all.
"Rauchendes Nudelholz", meine Squaw, will jetzt eines dieser Stahlpferde fahren, die es in der Gebieten der Bleichgesichter gibt. Sie wird damit noch unseren ganzen Stamm ausrotten.

Flashback:

Enrico Morricone - The man with the harmonica

Der Marshal hat von einer neuen Erfindung Gesprochen: Dem Cinematographen. Damit kann man Geschichten in bewegten Bildern erzählen. Ich hab auch schon eine Idee, die hat mit einem Flashback zu tun, welches die Zuschauer in immer längeren Ausschnitten sehen. Neulich traf ich einen Mann, „Enrico“, der hatte eine passende Musik dazu.



„Der Medizinmann soll den Rest machen!“ raunte Chief Joseph.

Der Marshal und der Doc sahen sich erstaunt um und erwarteten einen weiteren Indianer vorzufinden.

Wie unter Schmerzen knirschte der Chief noch: „Der Doc war gemeint...der Doc!“

„Ah...ok.“

Wieder zusammenkommen:

Used to the Pain – Keith Urban

Na wenn das nicht passt wie die Spritze in den Hintern!

Ich bin nie wieder mit einer Frau zusammengekommen... die sind immer mit anderen Cowboys (verdammtes Pack!) losgezogen, oder mit anderen Ärzten. Eine Sogar mit einer anderen Bardame! Hab ich zuviel verraten?

Hochzeit:

Are You Sure Hank Done It This Way – Waylon Jennings

Genau DIESE Frage will niemand während der Hochzeitsnacht hören.
Aber genau diese Frage hörte ich als ich neben der sogenannten Hochzeitssuite des Saloons nächtigen musste als die Praxis gebaut wurde.

Geburt des ersten Kindes:

Mamas Don't Let Your Babies Grow Up To Be Cowboys – Willie Nelson

Nein! Lasst eure Babys keine Cowboys werden! Schaut euch die Jacksonbrüder an und überlegt euch das gut... und während ihr am überlegen seid, fragt euch auch folgendes: „Mein Bruder ist zwar ein toller Hecht, aber will ich ein (oder 5) Babys von ihm?“ ...denken Mädels! Denken!

Endkampf:

Please carry me home – Jessi Colter

Ähm… ja. Das erinnert irgendwie an meinen Kumpel Wyatt. Der hat sich ne Kugel gefangen. Keiner hat’s gemerkt, weil er die Zähne zusammenbiss und der Schütze dachte er hätte nicht getroffen. Aber als wir dann um die Ecke gebogen waren, fängt Wyatt an zu heulen und flehte den alten Holiday und mich an ihn heim zu tragen.

So ein Mädchen!

Todesszene:

They Killed Him – Kris Kristoffersen

Na toll! THEY... also mehrere. Sowas fieses. Am besten noch ne Kugel in den Rücken. Ich könnte mich wieder so aufregen! Diese VER........ Cowboy...... aaaaaach hört mir doch auf.

Beerdigungslied:

I Don't Believe I'll Fall in Love Today – Bobby Bare

Na von all den Dingen die bei der Beerdigung DES Docs passieren können, ist das hier wohl wirklich das unwahrscheinlichste!

Abspann:

They Ain't Makin' Jews Like Jesus Anymore – Kinky Friedman

Wer hat diese Platte hier reingeschmuggelt? Rabbi Grün? Ich hör ihn schon: „Des Schejne Lijd vom Härr!“

Danke an little jumping flea für den gemeingefährlichen Stock den die uns zu geworfen hat!

Dank gebührt auch dem Marshal, der den Stock gefangen hat, das Intro verfasst hat und die ersten Fragen in Angriff nahm!

Dem Chief, der die Friedenspfeife auch lange genug aus dem Halse nahm um den Mittelteil zu bearbeiten.

Ich, der Doc habe den kläglichen Rest auf den Weg gebracht und werde jetzt erst mal mein Morphium suchen gehen.

Marshal Doc Chief Joseph

Labels:

Freitag, März 02, 2007

Doc und die Bounty (Part II)

Da stand ich nun auf der Treppe zu meiner Praxis und sah dem Marshall zu, wie er auf der Straße den Bullen zerlegte, der durch das Büro seines Fensters gesprungen war und sich nicht hatte festnehmen lassen. Er hatte ihn zum besseren entspannteren Zerlegen vor die Tür gezerrt.
Dazu hatte er sich von Bob dem Schreiner eine Säge und eine Axt geben lassen und bearbeitete nun den Kadaver mit eben diesen Geräten.
Ab und zu trat er einen Schritt von seinem blutigen Werk zurück, murmelte etwas wie:
"Da sind vielleicht seltsame Sachen drin!" und machte sich wieder an die Arbeit.
Nach etwa zwei Stunden stand er, blutüberströmt, an meiner Tür.
Er lächelte sein Lausbubenlächeln und wuchtete ein Hinterbein des Bullen auf meinen Operationstisch.
"Hau rein, Doc!" grinste er und drehte sich schwungvoll um.
Zu schwungvoll, denn ihm passierte was mir letzten Winter vier mal passiert ist.
Er rutschte im Rinderblut aus, fiel die Treppe runter und blieb unten lachend im Staub liegen.
Einer der Jacksons kam gerade auf seinem Klepper um die Ecke gebogen als dies passierte (vielleicht vermisste er einen Bullen?).
Er riss die Augen auf, als er den blutverschmierten Gesetzeshüter sah, und schlussfolgerte Messerscharf, wie es nun mal die Art der Jacksons ist:
"DER DOC HAT DEN MARSHALL ERSCHOSSEN!
Daraufhin wendete er sein Pferd und preschte wie der Teufel davon.
Ich wollte ihm gerade etwas nachrufen als überall die Fenster aufgingen und wirklich JEDER den Marshall und mich begaffte.
"Er ist voller Blut!" rief einer.
"Er schreit vor Schmerzen!" erkannte ein anderer, weil der Marshall sich den Bauch hielt und so laut lachte.
"Oh Gott! Ein Bauchschuss!" rief Sue, das erstaunlich leicht bekleidete Saloon-Mädchen aus einem Fenster. Eine Sekunde später erschien neben ihr der gelockte Kopf von Rabbi Grün.
"Där Dohc is Meschigge!" entfuhr es diesem.
"Der Doc hat sie ja nicht mehr alle!" klang es plötzlich im Chor.

Dann stand der Marshall endlich auf und klopfte den Staub von seiner Weste und Hose.
"Mäin Härr, der Marshall hat's ibrlebt!"
Freundlich hob der Marshall die Hand, winkte dem mittlerweile knallroten Rabbi und Sue.
"Shalom, Rabbi Grün!"
Dann raunte er mir zu.
"Du solltest zusehen, dass du diesen Jackson erwischst bevor er dich überall zum Mörder stempelt."
"Wie soll ich den noch kriegen? Er hat ein Pferd!"
Wieder grinste der Marshall.
"Nimm Rocky!"
Ich erinnerte mich an den Hengst vom Marshall. Dieses fiese Tier trat bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach mir.
"Vielleicht werdet ihr ja Freunde? Er ist'n kluges Kerlchen. Ich kläre die Dinge hier in der Stadt." sagte er heiter.
Ich wagte nicht ihm zu widersprechen, und sein freundliches Angebot wollte ich auch nicht ablehnen.
'Beleidige nie einen Marshall' hat meine Großmutter immer gesagt. Und die musste es ja wissen, sie war mit zweien verheiratet gewesen.
Aber der Marshall hatte recht, wenn ich nicht den verrückten Jackson einholen würde, wäre mein Ruf auf Monate ruiniert.
Also lief ich schnell in den Stall.
Da stand das Biest. Riesig schien mir der Hengst in seiner Box.
"Rocky?" sagte ich zaghaft. Zur Antwort kam nur wütendes Schnauben.
Ich dankte dem Herrn als ich sah, dass der Marshall vergessen hatte ihm den Sattel abzunehmen.
"Wir...äh... reiten dann los." murmelte ich.
Wieder dieses tiefe Schnauben.
Dann wagte ich mich in die Box.
Das große Tier ließ zu, dass ich die Zügel nahm und ihn aus der Box in die Mitte der Scheune führte.
Soweit so gut.
Plötzlich bemerkte ich, dass er mich immer mit bösartigem Blick aus dem Augenwinkel beobachtete.
Wieder fiel mir ein Sprichwort meiner Großmutter ein: "Die Sau plant doch was!"
Trotzdem hievte ich mich in den Sattel des Hengstes der unnatürlich ruhig da stand.
Endlich sitzend, sagte ich: "Na, das war doch gar nicht so schwer, oder Ro...."
Sofort fegte dieses wahnsinnige Biest aus dem Scheunentor und Sprang und wieherte als sei ich der Leibhaftige.
Ich klammerte mich an seinem Hals fest und die Welt schoss an mir vorbei.
Wir müssen am Marshall vorbeigekommen sein, denn ich hörte ihn stolz sagen:
"DAS ist mein Rocky!"
Nun, wenigstens rannte der verrückte Gaul in die richtige Richtung.
Allerdings versuchte er mich immer noch abzuwerfen.
Schmock City lag bereits hinter uns, als es mir dann doch zu bunt wurde.
Gerade als eine schemenhafte Gestalt, in seltsamer Uniform, uns gerade noch schwer torkelnd, und mit einem gewagten Sprung, ausweichen konnte, kam mir eine Idee.
Ich hielt mich nur noch mit einem Arm fest, der andere tastete nach meinem Gürtel.
"So, mal sehen ob du wirklich so ein schlauer Klepper bist, wie der Marshall sagt!"
Ich zog meinen Colt, einen schweren Armycolt, und drückte Rocky den Lauf zwischen die Ohren, dann spannte ich den Hahn.
"Entweder du benimmst dich, ODER ICH KNALL DICH AB!"

Vielleicht war es Zufall, oder der lange Spurt hat ihn ermüdet, jedenfalls versuchte er plötzlich nicht mehr mich abzuwerfen.
So ritten wir noch eine Stunde, und als mir die Revolverhand langsam lahm zu werden drohte, kamen wir endlich an die Küste.
Vor uns erstreckte sich ein Meer. Es bestand aus Rindern.
Die Herde der Jacksons.
Ich kam gerade hinzu als Jerry, Larry, Barry, Harry oder Gerry (ich lerne es nie, die Idioten auseinander zu halten), an einem improvisierten Lagerfeuer, die atemlose Geschichte vom blutenden Marshall und seinem Mörder (MIR!), erzählte.
Erschrocken drehte er sich zu mir um.
"Jetzt will er auch noch das Pferd vom Marshall umlegen!"
Ich bemerkte, dass ich Rocky immer noch den Colt zwischen die Ohren drückte.
"ERINNERT IHR EUCH AN DEN BULLEN DER DEN MARSHAL IN SEINEM BÜRO BESUCHT HAT?" schrie ich gegen das allgegenwärtige Muhen an.
Alle nickten.
"Das Blut war von ihm. Der Marshall ist nur die Treppe runtergefallen!"
Langsam liefen die trägen Denkmaschinen in den Schädeln der Jacksons an, eine königliche Summe in Form von Groschen fielen, und so etwas wie Verständnis breitete sich auf ihren Gesichtern aus.
Ich nutzte die Zeit um abzusteigen, hielt aber immer den Colt auf Rocky gerichtet, der mich immer noch feindselig musterte.
"Warum zielst du auf den Gaul, Doc?"
"Weil er mich sonst tritt!"
Plötzlich zogen alle Jacksons ihre Kanonen und jeder zielte auf sein Pferd.
Wie haben es diese fünf Jungs nur geschafft so alt zu werden?
Ich beschloss das Risiko einzugehen und steckte den Colt wieder ein.
"Was ist los, Doc?"
"Äh.. es besteht keine Gefahr mehr!"
Wortlos ließen alle ihre Waffen sinken. Ein plötzliches Gefühl von Macht über die geistig Schwachen überkam mich. Aber ich hatte wichtigeres zu tun, als mir jetzt den einen oder anderen Spaß mit den bescheuerten Jacksons zu erlauben.
Eines konnte ich mir jedoch nicht verkneifen.
"So, was ist denn nun mit der Molkerei auf der Bounty?"
"Die haben irgendwie ihren Chefmelker weggeschickt!" stammelte Jerry (oder Larry).
Hinter der riesigen Herde zeichnete sich ein stolzes Schiff ab, das an der Küste vor Anker lag. Am Strand erkannte ich eine Ansammlung von Zelten.
"Das haben sie euch gesagt, dass sie ihren Chefmelker weggeschickt hätten?"
"Ja," nickte wieder einer der Jacksons, "und dann haben sie gelacht. Red' du doch mal mit ihnen."
"Wenn ich schon mal da bin..." seufzte ich und trottete langsam los. Seltsamerweise gefolgt von Rocky, der mich nicht mehr aus den Augen ließ.
So kam es, dass ich zur Bounty lief.
Aber das erzählen ich ein andermal.

Donnerstag, März 01, 2007

Gestatten, Chief! - Chief Joseph

Ich bin Chief Joseph. Ab und an gehe ich mal nach Schmock-City. Der Weiße Mann dort lenkt mich von meinen kleinen Sorgen ab. Ich bin zwar Häuptling der Nez Percé-Indianer, aber ich habe eine zänkische Squaw und 3 Töchter (aufgehende Sonne, Mittagssonne und Abendsonne), die mir alle ganzn schön auf dem Skalp rumtanzen.

Abendsonne hat z.b. vor ein paar Jahren mein Kriegsbeil beim Spielen verbuddelt. Gerade als meine Brüder und ich am Snake Creek gegen Colonel Miles die entscheidende Wendung im Kampf hätten herbeiführen können. Der Colonel hat das Fehlen des Kriegsbeiles gleich als Kapitulation aufgefasst. Ich konnte ihm noch so oft erzählen, dass Abendsonne es vergraben hatte. Aber er verstand auch das wieder falsch und legte mir das lyrisch aus.

Das brachte mich dann auf eine gute Idee. Da der weiße Mann sowieso alles falsch versteht, dachte ich mir, mache ich doch ein Geschäft daraus. Ich beendete meine aktive Karriere sprach ein paar weise Worte, die man später sicher mal in einigen dieser Bildungsbücher der Bleichgesichter nachlesen kann und lebe inzwischen ganz gut vom Merchandising. Indianer-pfeifen, kleine Nachbildungen des verbuddelten Kriegsbeils, kleine ton-Figuren meiner Stammesbrüder, dampfmaschinen-betriebene Lagerfeuer… Die Bleichgesichter in Smoke City sind ganz verrückt danach. Und ich bin ganz froh, wenn ich mal ein paar Stunden fort kann von meinem Squaw. Seit ich nun öfter im Wigwam bin, soll ich mich auch mehr um den Haushalt kümmern, meint sie. Aber als Häuptling geht das nun wirklich nicht. Looking Glass und White Bird lachen mich schon hinter vorgehaltener Hand aus.

In Schmock-City habe ich zwei Freunde gefunden. Den Marshal und den Doc. Sie denken von uns Rothäuten zwar wie die anderen Weißen auch, aber sie haben Humor. Das ist wichtig, wenn man in Schmock-City überleben will. Ohne die beiden hätte ich auch nie eine Verkaufskonzession für meine Figuren und Pfeifen bekommen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Oh, ich muss Schluss machen, "Rauchendes Nudelholz", meine Squaw ruft.

Labels: